Collection of Articles

On this page a selection of articles is presented, which have been published in our VdS-Journal (German only). Enjoy reading.


Doppelsterne im Fernglas

von Uwe Pilz
Abbildung 1 - Fernglas auf Stativ
Abbildung 1: Das Stativ und der Neigekopf sollten eine Unterstützung für zenitnahe Beobachtungsziele geben. Beim abgebildeten Manfrotto-Stativ 055 befindet sich die Spreizsicherung an den Gelenken der Beine, es ist keine Spinne erforderlich. Man kann deshalb direkt unter das Glas treten. Der Videokopf MVH500AH hat eine Art eingebautes Gegengewicht (eine Feder), damit das Fernglas beim Kippen in der Balance bleibt.

Ein Fernglas scheint auf den ersten Blick nicht das richtige Instrument für die Beobachtung von Doppelsternen zu sein: Zu wenig Öffnung und die feste Vergrößerung sind die hauptsächlichen Argumente. Es lohnt! Und zwar nicht nur für Beobachter, bei denen das Binokular das Hauptinstrument ist. Es sind mehrere Hundert Doppelsterne in der Reichweite eines mittelgroßen Fernglases. Nach einiger Übung wird man Meister darin, enge Paare und solche mit großem Helligkeitsunterschied zu trennen.

Fernglasbeobachtungen sind Weitfeld-Beobachtungen: Wir sehen die Beobachtungsziele eingebettet in den Nachthimmel. Man erkennt den Bezug zu den Sternbildern, den Nebelobjekten, Sternhaufen und Sterngruppierungen und anderen Doppelsternen. Das beidäugige Schauen ist entspannt und damit entspannend. Das natürliche Betrachten des Himmels mit beiden Augen gibt dem Himmel eine Tiefe und Klarheit, die am Okular des Teleskops nicht zu erreichen ist. Zudem ist das Aufsuchen der Objekte ein guter Weg, den Himmel näher kennenzulernen.

Der visuelle Eindruck von Doppelsternen ist auch im Fernglas vielfältig: Die Vielfalt der Farben fällt als erstes auf – und zwar nicht nur der Komponenten untereinander, sondern auch in Bezug auf das umgebende Sternfeld. Auch im Fernglas machen die verschiedenen Abstände und Helligkeiten den Reiz der Beobachtung aus.

Das Trennvermögen der Ferngläser ist nicht durch die Öffnung / das Rayleigh-Limit begrenzt wie bei einem Teleskop. Dazu ist die Vergrößerung zu gering. Vielmehr hängt das Trennvermögen vor allem von der Vergrößerung ab. Die Sterne müssen freilich hell genug sein, um im Fernglas deutlich sichtbar zu sein.

Für das bloße Auge gelten Details als deutlich sichtbar, wenn sie einen Winkelabstand von 3 Bogenminuten haben. Das Sehvermögen des Durchschnittsbürgers (der sog. Visus) wird mit einer Bogenminute angenommen, das gilt für angestrengtes Sehen. Besonders scharfsichtige Beobachter erreichen vielleicht noch einmal das Doppelte, also 30 Bogensekunden. Man kann die Leistungsfähigkeit der eigenen Augen übrigens an sog. Landolt-Ringen erproben, wie sie auch der Augenarzt benutzt. Hierzu einfach eine Tafel mit diesen Ringen [1] an einem lichten Tag ohne Sonnenschein im Freien aufhängen und ausprobieren, welche Leistung die eigenen Augen haben. Bei mir sind es 40 Bogensekunden.

Doppelsterne im Fernglas dürfen dann theoretisch um den Betrag der Vergrößerung enger stehen, um noch erkannt zu werden. Aus dieser Überlegung gilt für den „Standardbeobachter“ mit einem Visus von einer Bogenminute für gleichhelle Komponenten δ > 60"/V. Hier ist δ der Mindestabstand und V die Vergrößerung. Für ein Fernglas mit 20-facher Vergrößerung wären das beachtliche 3 Bogensekunden! In der Praxis erreicht man das nicht einmal annähernd. Der Grund dafür ist, dass die Sterne überstrahlen und damit größer erscheinen, als die Landolt-Ringe gedruckt auf Papier. Ein realistischer Mindestabstand ist das Doppelte bis Dreifache, als Formel also 120"/V … 180"/V. Dies entspricht auch meinen Erfahrungen.


Abbildung 2 - Messier 34
Abbildung 2: Der Offene Sternhaufen Messier 34 ist reich an Doppelsternen. Drei von ihnen konnten im 16x70-Fernglas sicher erkannt werden, ein weiterer zeigte sich länglich. Die Beobachtung erfolgte fast zu Vollmond. Durch den aufgehellten Himmel überstrahlen die Sterne weniger, Doppelsterne lassen sich leichter trennen. Allerdings bleiben schwächere Haufenmitglieder verborgen.

Das Bild im Okular muss ganz ruhig sein für eine erfolgreiche Sichtung. Aus der Hand wird man nur die allereinfachsten Sterne beobachten können. Ein vernünftiges Stativ muss hoch genug sein, damit man die Okulare stets erreicht, ohne in die Knie zu gehen. Für die Beobachtung hochstehender Sterne ist es sehr angenehm, wenn man direkt unter das Instrument treten kann. Dazu müssen sich die Beine weit spreizen lassen. Eine Spinne stört. Mittelgroße Ferngläser von mehr als 70 mm Öffnung geraten deutlich aus der Balance, wenn man sie kippt. Es ist sehr angenehm, wenn die Schwenkeinrichtung hierfür eine Gegenkraft ausübt (Abb. 1).

Als Atlas bevorzuge ich den interstellarum Deep-Sky-Atlas [2]. Die Doppelsterne dieses Atlas enthalten ein Symbol für die Helligkeitsdifferenz und den Abstand der Komponenten. Die meisten der einfachsten Klasse (geringe Helligkeitsdifferenz und großer Abstand) lassen sich in einem mittelgroßen Fernglas trennen. Mit etwas Mühe gelingen auch schwierigere Objekt, vor allem solche mit großem Winkelabstand und mittlerer Helligkeitsdifferenz.

Literatur- und Internethinweise (geprüft Nov. 2020):
  • [1] M. Mißfeldt: Landolt-Sehtest
  • [2] R. Stoyan, U. Glahn: „interstellarum Deep Sky Atlas“, Oculum-Verlag


Doppelsterne quer durch mein erstes Astrojahr

von Sarah Gebauer

Im Sommer 2019 habe ich mein erstes Teleskop angeschafft, einen 6"-Newton (f/5) mit Dobsonmontierung, exakt ein Jahr später kam noch ein hochwertiger und sehr toller 4"-Refraktor dazu. Mit diesen kleinen, aber feinen Geräten beobachte ich an meinem ziemlich hellen, lichtverschmutzten „Flughafenhimmel“ vom heimischen Garten oder den Streuobstwiesen aus besonders gerne Doppelsterne. Sie sind so dankbare und zugleich abwechslungsreiche und spannende Objekte, die sich auch noch sehr gut zeichnen lassen. Bis vor kurzem habe ich nur meinen ersten, kleinen Himmelsatlas als Hilfsmittel genutzt und mich deshalb durch die eher bekannteren Doppelsterne gearbeitet. Erst gegen Ende meines ersten Astrojahres habe ich mir einen sehr detaillierten Atlas gegönnt und wandere seither am liebsten von einem Struve-Doppelstern zum nächsten.

Ich habe es im letzten Jahr in den weit über 40 Beobachtungsnächten auf über 60 Zeichnungen gebracht, von denen etwas mehr als 30 Doppelsterne zeigen. Hier sind mein Top 7 aus der Doppelsternsparte, die alle mit dem 6-Zöller beobachtet wurden.


Abbildung 1 - Gamma Leonis
Abbildung 1: Gamma Leonis – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (83x)

Gamma Leonis (AB, 2,37 mag/3.64 mag, 4,73")
Dieser Doppelstern ließ sich schon bei 83-facher Vergrößerung sauber trennen und ergab dabei ein sehr enges Pärchen, dessen eine Komponente leicht goldfarben schien.


Abbildung 2 - Gamma Virginis
Abbildung 2: Gamma Virginis – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (166x)

Gamma Virginis (AB, 3,48 mag/3,53 mag, 2,81")
Im Frühjahr war das Sternbild Virgo vom heimischen Garten aus meist nur schwer sichtbar, weil es sich am frühen Abend größtenteils noch hinter dem Dach des Hinterhauses versteckte und im Laufe der Nacht dann über den ebenfalls verdeckten Südhimmel zog. Ich habe nach Süden nur ein schmales Sichtfenster zwischen den zwei Häusern hinter meinem Garten. Umso erfreuter war ich, als ich eines Abends der Meinung war, ein paar der Sterne des Sternbildes sehen zu können. Und dann wartete die Stelle gleich mit einem tollen Doppelstern auf, bei dem ich mich in Sachen Distanz der Komponenten in Richtung „enger“ steigern konnte: 2,8 Bogensekunden. Ich war gespannt, ob mein Spiegel das auch in der Praxis schaffen würde. Die Komponenten A und B konnten bei 166-fach knapp, aber gut getrennt werden. Beide strahlten gleich hell als ganz dichte Glanzpünktchen.


Abbildung 3 - STF2470/4
Abbildung 3: STF 2470 & STF 2474 – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (85x)

Struve 2470 (7,03 mag/8,44 mag, 13,8") & Struve 2474 (6,78 mag/7,88 mag, 15,9")
Einige Anläufe hat es gebraucht, bis ich das reizvolle Doppel-Doppel im Sternbild Lyra gefunden habe – Navigieren im Zenit hat es wirklich in sich! Die Suche hat sich aber richtig gelohnt, denn bei 85-facher Vergrößerung glänzten mir je zwei enge Sternpärchen durch das Okular entgegen. Sogar der geringe Abstandsunterschied der jeweiligen Pärchen war zu erkennen (13,8" bei STF 2470 und 15,9" bei STF 2474). Das musste natürlich auf Papier festgehalten werden.


Abbildung 5 - Omicron 1 Cygni (85x)
Abbildung 5: Omicron 1 Cygni – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (85x)
Abbildung 4 - Omicron 1 Cygni (30x)
Abbildung 4: Omicron 1 Cygni – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (30x)

Omicron 1 Cygni (ACD, 3,93 mag/6,97 mag/4,83 mag, 108,6"/336,7")
Dieses Mehrfachsystem war der Tipp eines lieben Sternfreundes, der mir Farbe versprach. Ich sah auf Anhieb bei 30-facher Vergrößerung ein sehr schönes, großes und spitzes Dreieck mit zwei wundervoll gelblichen und einem bläulichen Stern – das waren ο1 und ο2 Cygni mit 30 Cygni. Dieser Anblick hat mich wirklich sehr begeistert, sodass ich bestimmt noch an vielen Abenden an diese Himmelsstelle zurückkehren würde. So kam es auch wenige Tage später, als ich noch einmal mit höherer Vergrößerung nach den Farben von ο1 und 30 Cygni schauen wollte. Bei 85-facher Vergrößerung zeigte dann nämlich auch Komponente C einen bläulichen Farbton. Weil die ganze Sternumgebung und die unterschiedlichen Farben so reizvoll waren, habe ich zwei Zeichnungen mit unterschiedlicher Vergrößerung angefertigt.


Abbildung 6 - Pi Aquilae
Abbildung 6: Pi Aquilae – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (170x)

Pi Aquilae (AB, 6,34 mag/6,75 mag, 1,4")
Meinen bisherigen Rekord in Sachen Distanz habe ich mit Pi Aquilae übertroffen, der bisherige Rekordhalter war Gamma Virginis. In einer klaren, lauen Sommernacht waren endlich alle Lichter in den umliegenden Wohnungen aus und die Luft noch dazu sehr ruhig. So beschloss ich, in dieser Nacht mein Teleskop zu dieser grenzwertigen Aktion zu treiben - und ich wurde nicht enttäuscht: 1,4 Bogensekunden Abstand ließen sich wirklich haarscharf und ganz, ganz knapp trennen! Bei 170-facher Vergrößerung zeigte sich ein haarfeiner, schwarzer Strich zwischen beiden Komponenten. Zusammen mit zwei hellen Feldsternen bildete dieser wunderbare Doppelstern, der definitiv neue Maßstäbe gesetzt und sich hier ganz an den Rand der Zeichnung geschlichen hat, ein schönes Dreieck.


Abbildung 7 - STF2893
Abbildung 7: STF 2893 – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (85x)

Struve 2893 (6,19 mag/7,91 mag, 28,9")
Inzwischen ist die Vielfalt an Doppelsternen dank des neuen Atlasses enorm gestiegen und so entdeckte ich zufällig auf dem Weg zu einem anderen Objekt dieses schöne Albireo-Double, das mit einer ebenso goldgelben und deutlich blauen Farbe daherkam und außerdem bei 85-fach noch ein hübsches Sternumfeld bot.


Abbildung 8 - Delta Cephei
Abbildung 8: Delta Cephei – Zeichnung von Sarah Gebauer, 150/750mm Dobson (21x)

Delta Cephei (AC, 4,21 mag/6,11 mag, 41")
Noch einmal letztes Mal Farbe mit Doppelstern kombiniert, das mag ich besonders gerne. Delta Cephei, der trotz hellem Flughafenhimmel auch mit freiem Auge auszumachen ist, zeigte an diesem Sommerabend eine richtig schön goldgelbe, hellere Komponente (A) und eine zweite, deutlich schwächere mit einem sichtbar bläulichen Farbstich (C). Das Doppel war schon in meiner Aufsuchvergrößerung von 21-fach sehr schön anzuschauen.


Nun habe ich zwar fast alle Sternbilder einmal im Jahresverlauf kennengelernt, aber gerade jetzt erkenne ich mehr denn je, dass es noch sooo viel mehr zu entdecken gibt.

Ich wünsche euch allzeit klare Nächte und funkelnde Himmelsfunde!



Farbige Doppelsterne - Visuell beobachtet

von Winfried Kräling

Nachts sind alle Katzen grau – lautet ein alter Spruch. Mit dieser Einstellung kommen viele Besucher zu unserer Volkssternwarte und wundern sich, wenn man sie beispielsweise auf den Farbunterschied zwischen Beteigeuze und Rigel hinweist, der bereits mit bloßem Auge deutlich wahrnehmbar ist.

Zwar findet nachts überwiegend das skotopische Sehen, auch Nachtsehen genannt statt, wobei als Fotorezeptoren die lichtempfindlicheren Stäbchen aktiv sind.

Sind die Beobachtungsobjekte jedoch hell genug, werden auch die Zapfen der Netzhaut aktiviert und beim photobischen Sehen (Tagsehen) können bei Sternen auch Farben wahrgenommen werden. Hilfreich dazu ist eine lichtverstärkende Optik wie Fernglas oder Teleskop.

Abbildung 1 - Beta Cyg
Abbildung 1: Zeichnung von Beta Cyg im 127/1200mm Refraktor bei V = 60x

Am deutlichsten wird dieser Effekt bei Doppelsternen mit deutlichem Farbunterschied; der bekannteste „farbige“ Doppelstern ist zweifellos Albireo (β Cyg) im Sternbild Schwan (Abb. 1).

Ein wahrer Genuss ist die Beobachtung von farbigen Doppelsternen in einem lichtstarken Teleskop, wie z.B. meinem 127/1200mm Refraktor. Bei dem Doppelstern Beta Cygni (Abb. 1) (dem Kopf des Schwanes), der sich schon in einem Fernglas trennen lässt, ist der Farbunterschied im Teleskop besonders deutlich ausgeprägt: der hellere Stern ist orangerot und der schwächere Begleiter erscheint bläulich. Besonders eindrucksvoll ist die Beobachtung von Doppelsternen bei geringer Luftunruhe, wenn um den punktförmigen Stern die farbigen Beugungsringe (physikalischer Effekt) klar zu erkennen sind.


Abbildung 2 - Epsilon Peg
Abbildung 2: Zeichnung von Epsilon Peg im 127/1200mm Refraktor bei V = 171x

Ebenfalls stark ausgeprägt ist der Farbkontrast bei Epsilon Pegasi, besser als Enif bekannt: Abb. 2 zeigt bei V=171x ein weit getrenntes Paar mit sehr schönem Farbkontrast: der Hauptstern ist kräftig orange, der Begleiter leuchtet blau.


Abbildung 3 - Gamma Del
Abbildung 3: Zeichnung von Gamma Del im 127/1200mm Refraktor bei V = 172x und V = 250x

Der bei V=171x und V=250x leicht zu trennende Doppelstern Gamma Delphini (Abb. 3) zählt ebenfalls zu den Sternen mit einem orangefarbenen Hauptstern und einem türkisfarbenen Begleiter, der bei ruhiger Luft einen herrlichen Anblick bietet.


Abbildung 4 - Jota Cnc
Abbildung 4: Zeichnung von Jota Cnc im 127/1200mm Refraktor bei V = 171x

Jota Cancri (Abb. 4) ist bei einer Vergrößerung von V=172x bei ruhiger Luft ebenfalls leicht zu trennen und zeigt einen schönen Farbkontrast; die Hauptkomponente ist kräftig orange und der Begleiter türkis.


Abbildung 5 - Epsilon Boo
Abbildung 5: Zeichnung von Epsilon Boo im 127/1200mm Refraktor bei V = 250x

Etwas schwieriger ist es den relativ engen Doppelstern Epsilon Boötis (Abb. 5) – auch als Izar bekannt - zu trennen. Auch bei diesem Duo ist ein schöner Farbunterschied sichtbar; der schwächere hell türkisfarbene Stern befindet sich bereits am zweiten Beugungsring der leicht orangefarbenen Komponente A dieses Doppelsternsystems. Toller Anblick!


Abbildung 6 - Theta Ori
Abbildung 6: Zeichnung von Theta Ori im 127/1200mm Refraktor bei ruhiger Luft und V = 250x

Doch ist der Farbunterschied nicht nur auf Zweifachdoppelsterne beschränkt, auch Mehrfachsysteme wie hier das berühmte Trapez (Theta Orionis) im Orionnebel M42 (Abb. 6) zeigen Farbunterschiede, wenn auch nicht so ausgeprägt wie die Stars unter den farbigen Objekten dieser Klasse. Bei genauem Hinsehen sind nicht nur die hellen Sterne A bis D, sondern auch die schwächeren E und F erkennbar - das „Trapez“ ist also als Sechsfachsystem sichtbar. Das hellste Mitglied C leuchtet leicht orangefarben, die übrigen Sterne in einem bläulichen Licht.


Alle obigen Abbildungen sind nach Skizzen (Bleistift, schwarze Sterne) und Notizen am Okular vom 127/1200mm Refraktor entstanden, die am Computer als farbige Positivdarstellungen umgesetzt wurden.

Weitere Beispiele an interessanten Doppelsternen würden den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Mehr Zeichnungen von Doppelsternen und Fotos astronomischer Objekte gibt es auf meiner Homepage unter: https://winis-homepage.jimdofree.com/astronomie/



Mizar - Ein visuelles Experiment

von Robert Zebahl
Abbildung 1 - Mizar und Alcor
Abbildung 1: Mizar & Alcor – Zeichnung von Robert Zebahl, 102/1122mm ED-Refraktor (28x)

Mizar und Alcor, welcher umgangssprachlich auch als „Reiterlein“ bezeichnet wird, ist ein Doppelstern, der bereits mit dem bloßem Auge getrennt werden kann. Ob es sich hierbei um ein physikalisches System handelt, ist bis heute nicht geklärt. Gesichert ist aber, dass beide Sterne dem Ursa-Major-Haufen angehören. Dieses Paar ist auch unter der Bezeichung STF 1744 AC (alte Schreibweise: Σ 1744 AC) bekannt.

Leicht versetzt zwischen Mizar und Alcor befindet sich die D-Komponente (SMR4 AD), welche allerdings keinen physikalischen Bezug zu diesen hat. Das konnte durch Bestimmung der Entfernung gesichert werden. Winfried Kräling machte mich dabei auf eine kleine Anekdote bezüglich dieser unscheinbaren Komponente aufmerksam. Der Stern wurde am 2.12.1722 vom deutschen Astronomen Prof. Johann Georg Liebknecht am Observatorium der Justus-Liebig-Universität in Gießen (früher auch Ludoviciana genannt) beobachtet, welcher eine Eigenbewegung festgestellt haben soll. Davon ausgehend, dass er einen neuen Planeten entdeckt hatte, nannte er diesen kurz darauf „Sidus Ludovicianum“. Allerdings wurde der Stern bereits ein Jahrhundert früher schon von Benedetto Castelli an der selben Position beobachtet. So erntete Prof. Johann Georg Liebknecht von seinen Kollegen mehr Spott denn Ruhm [1].

Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema. Mizar selbst ist ein Mehrfachsystem bestehend aus zwei spektroskopischen Doppelsternen, den Komponenten A (2,23 mag) und B (3,88 mag) mit einem Winkelabstand von derzeit 14,4". Damit lässt sich das Paar AB praktisch in jedem Teleskop einfach trennen. Im April 2020 bekam ich von Christopher Hay eine sehr interessante Mail, in welcher er die Trennung von AB mit möglichst kleiner Vergrößerung versuchte. Er nutzte hierfür ein 42/150mm Objektiv eines Sucherfernrohrs von einem Zeiss Telementor zusammen mit einem sehr guten Amici-Prisma. Seine Beobachtung schilderte Christopher wie folgt: „Bei 6,3x deutlich gestreckt mit klaren Positionen der helleren/dunkleren Komponente. Bei 10,7x eine Acht ganz kurz vor'm Auseinanderploppen. Bei 12x sauber und stabil getrennt.“


Abbildung 2 - Refraktor mit Blende
Abbildung 2: 70/400mm ED-Refraktor mit Blende 20mm (Bild: Robert Zebahl)

Diese Beobachtung weckte große Neugier und ich wollte es selbst versuchen. Um möglichst geringe Vergrößerungen zu erzielen, kam nur ein Teleskop aus meinem Bestand in Frage: Ein ED-Refraktor von Vixen mit 70mm Öffnung und 400mm Brennweite. Erste Versuche mit einem 40mm Okular (10x; Pentax XL) sowie einem 32mm Okular (12,5x; Super Plössl) bei voller Öffnung schlugen fehl. Der schwächere Begleiter wurde schlichtweg von der hellen Hauptkomponente überstrahlt. Der Einsatz von Graufiltern zur Lichtdämpfung brachte keine nennenswerte Verbesserung. Also fertigte ich Blenden aus schwarzem Fotokarton mit 60mm bis 10mm freier Öffnung in 10mm-Schritten an (Abbildung 2). Bereits mit 60mm Öffnung bei 12,5-facher Vergrößerung erschien Mizar zumindest länglich, mit 50mm gelang die Trennung gerade noch. Bei 10-facher Vergrößerung musste ich die Öffnung auf 30mm reduzieren, um ihn wenigstens länglich zu sehen, mit 20mm Öffnung (f/20) war auch hier eine Trennung möglich, wobei die Komponenten sehr dicht beieinander standen. Mit nur 10mm Öffnung (f/40!) und 10-facher Vergrößerung gelang zwar die Trennung der Komponenten, aber hier merkte man schon die deutlich geringere Auflösung. Sehr genaues Beobachten war notwendig. Der schönste Anblick bot sich mit 20mm Öffnung und 12,5-facher Vergrößerung: Mizar zeigte zwei höchst ästhetische, fein gezeichnete Komponenten ohne jegliche Überstrahlung.

Ich fand es sehr erstaunlich, wie schön sich Doppelsterne auch in besonders kleinen Instrumenten präsentieren und kann solche Experimente jedem empfehlen. Manchmal ist eben weniger mehr.

Internethinweis (geprüft Nov. 2020):


61 Cygni - Ein besonderer Doppelstern

von Winfried Kräling
Abbildung 1 - 61 Cyg
Abbildung 1: Aufnahme mit EOS 650Da am 26.08.2019 auf Star Adventurer (Reisemontierung) Objektiv: CANON EF-S 60 – 1:2.8 (Blende 5), 20x180 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 1600

Nahezu jeder Sternfreundin und jedem Sternfreund dürfte der Nördliche Kohlensack als Dunkelwolke in der Milchstraße im Sternbild Schwan (lateinisch = Cygnus) bekannt sein; teilt diese Staubansammlung die Milchstraße doch scheinbar in zwei Hälften, was schon mit bloßem Auge gut zu beobachten ist.

Rund um diese Dunkelwolke, mit der Bezeichnung B 348, liegen die von Mitteleuropa aus gut sichtbaren und attraktivsten Emissionsnebel wie Nordamerika-, Pelikan-, Cirrus- und Gamma-Cygni-Nebel (Abb. 1).

Doch Hand aufs Herz, wer hat schon einmal den unscheinbaren Stern 61 Cygni in dieser Region, der mit den Sternen Deneb (α Cyg), Sadr (γ Cyg) und Gienah (ε Cyg) eine Raute bildet, beobachtet? Doch ist dieser ca. 11 Lichtjahre entfernte und 5,2 mag helle Doppelstern einer der geschichtsträchtigsten Sterne in unserer Galaxis.

Friedrich Wilhelm Bessel bestimmte in den Jahren 1837 / 38 durch Parallaxenmessung an der Sternwarte Königsberg, erstmals annähernd genau, die Entfernung eines Fixsternes und lieferte damit den endgültigen Beweis für die Richtigkeit des Kopernikanischen Weltbildes (was in dieser Zeit wohl aber niemand mehr ernsthaft bezweifelte). Wie war nun Bessels Wahl auf 61 Cygni gefallen?

Beim Vergleich von Sternpositionen im Sternkatalog des englischen Geistlichen und Astronomen James Bradley (eher bekannt durch die Entdeckung der Aberration und der Nutation der Erdachse) mit anderen Sternkatalogen stellte Bessel fest, dass der Stern 61 Cygni im Sternbild Schwan (damals) die größte Eigenbewegung aller gemessenen Sterne aufwies. Daraus zog er den Schluss, dass es sich bei 61 Cygni um einen Stern handeln musste, der unserem Sonnensystem recht nahesteht, was sich auch bestätigte.

Wie bereits eingangs erwähnt, ist 61 Cygni für das bloße Auge ein unscheinbares Sternchen der fünften Größenklasse, doch bereits ein 10x50 Fernglas zeigt die Doppelsternnatur dieses Objektes. Bei V=20x (80/400mm- Refraktor) erkennt man, dass beide Komponenten orangefarben sind und einen leichten Helligkeitsunterschied aufweisen. Kein Vergleich also zu den prominenten Vertretern dieser Klasse, siehe Artikel „Farbige Doppelsterne - Visuell beobachtet“.

Dass ich mit meinem Instrumentarium Bessel‘s Leistung der Parallaxenmessung nicht nachvollziehen konnte, war mir von Anfang an klar. Aber wie sah es aus mit dem Nachweis der Eigenbewegung eines Fixsternes? Dass dies Amateurastronomen an Barnard’s Pfeilstern (heute der nächste bekannte Stern mit etwa 6 Lichtjahren Entfernung und einer Helligkeit 9,5 mag. im Sternbild Schlangenträger) schon gelungen ist, war mir bekannt; wie sieht es aber mit 61 Cygni aus, der wesentlich einfacher zu beobachten ist.


Abbildung 2 - 61 Cyg
Abbildung 2: Aufnahme mit Newton 150/750mm und EOS 650D am 05.09.2013, 11x10 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 800 und am 26.05.2017, 12x20 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 800

Um dies zu testen standen mir vier Aufnahmen aus den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2017 zur Verfügung, die ich mit Instrumenten mit 400mm und 750mm Brennweite aufgenommen hatte.

Bereits eine Überlagerung der Bilder von 2013 und 2015 zeigt die Eigenbewegung dieses Doppelsternsystems in Bezug auf die Hintergrundsterne, richtig deutlich wird dies aber erst bei einem Vergleich der Aufnahmen von 2013 und 2017 (Abb. 2 und Abb. 3).

Abbildung 2 zeigt die Position von 61 Cygni im Jahre 2013 (oben) und 2017 unten) vor dem gleichen Sternhintergrund. Während auf der Aufnahme von 2013, der ca. 11 mag. helle Stern TYC 3168 590 1 noch von den Strahlen der A-Komponente von 61 Cygni überstrahlt wird, ist dieser Stern 3 ½ Jahre später klar zu erkennen, was eine Bewegung in östliche Richtung (nach links) deutlich macht.

Abbildung 3 ist eine Überlagerung der Bilder aus oben genannten Jahren in eine einzige Abbildung mit den Angaben zur Position von 61 Cygni.

Beide Darstellungen machen deutlich, dass es auch mit bescheidenen Instrumenten machbar ist, die Eigenbewegung von FIXSTERNEN nachzuweisen.


Abbildung 3 - 61 Cyg
Abbildung 3: Aufnahmedaten wie Abbildung 2
Abbildung 4 - 61 Cyg
Abbildung 4: Animation der Eigenbewegung von 61 Cygni